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Christl Wolf – zweiter Todestag

Zuletzt aktualisiert am 24. März 2020 um 18:05

Im Gedenken an meine geliebte Mutter Christl Wolf schreibe ich zu ihrem zweiten Todestag meine Erinnerungen auf. Es war genau vor zwei Jahren…

Als meine Schwester ziemlich genau pünktlich zur Geisterstunde anruft. Jetzt ist richtig Alarm: Tempo, zacki-zacki.

Ich bin sofort losgefahren. Richtig schnell ins Krankenhaus…

Aber: Der Zugang zur Klinik, den ich doch noch wenige Stunden zuvor selbst genutzt hatte, war jetzt des Nächtens plötzlich verschlossen. Super!
Und auch alle anderen rund um diesem Scheiss-Neubau!

Merke: Im Ernstfall ist der Zugang wichtig!

Bis ich durch drei oder vier weitere Gebäude hin und wieder zurück gerannt bin -– mit Gegensprechanlagen mehrmals mit und gegen wen auch immer gesprochen habe – endlich da war, wo ich hin wollte, war ich wohl ziemlich genau fünf Minuten zu spät.

Genau genommen so spät, dass der seit mehreren Stunden schwache und unregelmäßige Atemzug meiner Mutter schon seit Minuten nicht mehr kam, überfällig war, jetzt schon seit mehr als fünf Minuten mehr als überüberfällig war…

Ich war völlig außer Puste, genervt, verwirrt, traurig und doch auch voller Sehnsucht, Hoffnung, Liebe und glücklich, dass meine Schwester seit Stunden nicht von ihrer Seite wich.

Muttern wird gemäß ihrer Wünsche bedient! Gut so!

„Was ist?” frage ich.

„Sie atmet jetzt schon seit fünf Minuten nicht mehr…”, sagt meine Schwester.

Es ist 00:29

Nun liegt sie also da, meine Mutter. Keine sechs Stunden vorher hatte sie meine Hand getätschelt und mich weg geschickt: Sie sei zu müde…

Ist meine Mutter tot?

Ja, jetzt liegt sie da. Tätschelt mich nicht, tätschelt nie mehr. Liegt da, macht nix, atmet nicht. Ich schaue zu, wie sie nicht mehr lebt. Scheisse!

Gegen viertel vor eins sagten wir der Stationsschwester – Hut ab: super nett, zuvorkommend, fünf Sterne! – jetzt sei es wohl soweit.

Und jetzt kommt unser Familien-Joker!

Oh Mann! Jeder hat Familie. Mal so, mal so. Aber jetzt brauchte es keine Ansage. Binnen – keine Ahnung, ner Stunde? – war die Mannschaft komplett. Fast komplett. Also zumindest die, die nicht hunderte und tausende von Kilometern entfernt waren.

15 Lebende und eine Tote

Gefühlt dauerte es keine Stunde, und das – freundlicherweise schon am Vorabend von der Klinik organisierte – Einzelzimmer war rappelvoll.

Zwischen eins und drei wird es voll im Raum. Der Familienclan kommt zusammen. Großartig! Es wird umarmt, geheult, geulkt, gelacht. Christl hätte großen Spaß daran.

Im Rückblick ist das einer der schönsten Momente meiner Mutter Todes: Ihre geliebte Familie ist gemeinsam vereint!

Das sage ich als ihr Erstgeborener und Nesthäckchen in Personalunion: Nahezu alle ihre Kinder und Kindeskinder an ihrem Sterbebett vereint, hätte sie garantiert aufatmen und weiterleben lassen, hätte sie’s entscheiden können.

Bestatter professionell

Gegen viertel vor drei rufe ich den Bestatter meines Vertrauens an.

Er sagt: „…Ihr habt alle Zeit der Welt, aber, wenn um sechs Uhr die Schicht wechselt, wird Eure Mutter erst einmal in den Keller gebracht und dann bleibt sie da auch erst einmal… Bis die Verwaltung die Papiere bearbeitet hat ist vielleicht … Dienstag? Wollt Ihr so lange warten?“

Mitarbeiter des Bestattungsinstituts kommen wie besprochen Punkt fünf Uhr.

Danke für diese offenen Worte! Und dank auch in die Familienrunde, dass wir gemeinsam entschieden haben, sie ins Bestattungshaus bringen zu lassen, damit wir zu ihr können, wenn wir wollen.

Was ich selbst am darauf folgenden Tag gemacht habe? Keine Ahnung!

Am Abend habe ich mich hingesetzt und einen kleine Film gemacht. Mit Fotos aus ihrem Leben und Musik. Bisschen was Konzeptionelles musste vornedran (Intro) und dann noch ein kleines Outro zum Schluss. Fertig!

Als ich mir das Ergebnis nach paar Stunden angeschaut habe, konnte ich zu ersten Mal herzhaft anfangen zu weinen.

Christl Wolf – zweiter Todestag

Diesen Artikel habe ich zum zweiten Todestag meiner Mutter geschrieben. Das Titelbild habe ich bei Ihrer Trauerfeier aufgenommen. Zum Glück! Denn es ist meines Wissens das einzige, was diesen einzigartigen Moment Moment dokumentiert.

Bis zu ihrer Trauerfeier hatten wir ihr damals eine Gedenkseite eingerichtet.

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Mein Blog trägt nicht ohne Grund den Zusatz: aus-dem-Leben-eines-fast-ALLES-ein-bisschen-KÖNNERS. Ich gehöre zu den Autodidakten, die alles erst einmal selber machen müssen, um zu verstehen, was wie geht, wer was u. U. besser kann und resultierend was wie lange dauert und kostet. Klingt anstrengend – ist es auch. Aber macht enorm fit und verbindlich. Ich weiß, wovon ich rede. Und das mögen Kunden, wenn sie mich was fragen und schnell eine anständige Antwort kriegen ;-)

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