Alter Hase - neue Tricks, Arbeit & Leben, Haltung & Werte, Persönliches & Geschichten

Camping – ein Lebensgefühl

Wenn ich des Morgens nach dem Wetter schaue, zieh‘ ich einfach den Reißverschluss auf und erfreue mich, meinem Herzen bei seiner Erwärmung beizuwohnen.

Kindheit und Jugend

Wenn ich an meine frühen Camping-Erfahrungen zurückdenke, bin ich sofort wieder Kind. Neun, vielleicht zehn Jahre alt. Gemeinsam mit meinen Geschwistern und meinen Eltern im Steilwandzelt – mit abgehängten Schlafkabinen. Camping hatte immer etwas von Abenteuer.

Bei gutem Wetter waren wir draußen, bei Regen drinnen. Und wenn es regnete, mussten wir kreativ werden, um zu fünft auf vielleicht 25 m² miteinander klarzukommen.

Später, als meine Eltern auf den Wohnwagen umstiegen, schlief ich draußen im kleinen Zelt – und brachte es zu einer beachtlichen Fertigkeit: Den Reißverschluss so leise öffnen und schließen, dass es niemand bemerkte. Besonders dann, wenn es wieder später wurde als die abgesprochenen 22:00 Uhr.

Unvergessen auch die Urlaube in Südfrankreich, direkt an der Atlantikküste. Morgens, nach einer langen Nacht, stand ich beim Bäcker, um die ersten Croissants zu ergattern – nur um dann im Zelt festzustellen, dass die Sonne mich spätestens um elf wieder raustrieb. In den Dünen gab’s schließlich keinen Schatten. Und im Zelt war’s dann einfach nur heiß. ⛺️

Die kleine Campingküche

Ich erinnere mich gerne an unsere Paddeltouren auf der Fränkischen Saale oder anderen Flüssen. Zeltlager mit zehn, fünfzehn Leuten, abendliches Lagerfeuer, dazu eiskalter, trockener Weißwein – stilecht aus echten Weingläsern. Eben die kleine Campingküche.

Ein Moment, den ich nie vergessen werde: Als unsere Tochter – genau in so einer Runde – ihre allerersten Schritte machte. Zwischen Mutter und Vater. Eines der schönsten Erlebnisse meines Lebens.

Der „Camper“

Zeitweise hatte ich sogar den Spitznamen „Camper“. Ein Handgriff hier, ein Tipp dort, ein fehlendes Teil aus meiner Materialkiste – Camping war für mich nie Problem, sondern Leidenschaft. Und ich war gerne bereit, mein Wissen zu teilen.

Gemeinschaft

Camping war und ist für mich auch immer gelebte Gemeinschaft. Ob beim Ankommen – wenn wildfremde Menschen, zukünftige Nachbarn für ein paar Tage oder Wochen, helfen, den Wohnwagen richtig zu platzieren – oder wenn die Kinder direkt Anschluss finden: Diese Form von spontaner Geselligkeit und Miteinander hat mich schon immer fasziniert.

Minimalismus

Und auch wenn jedes Auto bis unters Dach voll war: Camping hat etwas mit Minimalismus zu tun. Man nimmt nicht alles mit, was man zu Hause für selbstverständlich hält. Kein Bügeleisen, keine acht Töpfe, keine fünf Pfannen.

Für „Crevetten satt“ haben wir noch nie mehr als eine Flamme gebraucht (Danke P&J.) 🤣

Es ist immer wieder faszinierend zu erleben, wie wenig man tatsächlich braucht – und wie viel freier man sich plötzlich fühlt, wenn man sich auf das Wesentliche beschränkt.

Spontanität

Ein Hoch auf die Spontanität! Wenn wir nachts im Hochsommer an der Côte d’Azur im Gewitterregen fast absaufen, dann wird am nächsten Morgen eben gepackt – und wir fahren einfach ein paar Kilometer weiter an den Atlantik.

Romantik?

Klar, da schwingt auch ein wenig „rosarote Brille“ mit. Erinnerungen werden mit der Zeit milder, weicher, schöner. Aber wenn ich heute über einen Campingplatz gehe, frage ich mich schon manchmal: Wo ist sie hin, die Romantik?

Wenn die Parabolantenne sich automatisch auf dem Wohnmobil ausrichtet, der Vater per Fernbedienung den Wohnwagen einparkt und die TV-Fernbedienung schon griffbereit auf dem Campingtisch liegt – dann frage ich mich: Muss das wirklich sein?

Zelte? Kaum noch. Wohnwagen? Auch weniger. Dafür immer mehr und immer größere Wohnmobile. Den Vogel abgeschossen hat gestern eine Dame, die ihren Mann per Handy einweisen musste, weil das Rangieren offenbar nicht mehr Auge-in-Auge geht…

Schlussgedanke

Camping ist für mich nicht einfach nur Urlaub. Es ist ein Lebensgefühl. Es geht ums einfache Leben, ums Draußensein, um Gemeinschaft, Freiheit und – ja – auch um Improvisation.

Ich wünsche mir, dass dieses Lebensgefühl nicht ganz verschwindet hinter Automatik, Komfort und Entertainment-Paketen. Denn das wahre Abenteuer beginnt oft da, wo das WLAN endet.

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von

Mein Blog trägt nicht ohne Grund den Zusatz: aus-dem-Leben-eines-fast-ALLES-ein-bisschen-KÖNNERS. Ich gehöre zu den Autodidakten, die alles erst einmal selber machen müssen, um zu verstehen, was wie geht, wer was u. U. besser kann und resultierend was wie lange dauert und kostet. Klingt anstrengend – ist es auch. Aber macht enorm fit und verbindlich. Ich weiß, wovon ich rede. Und das mögen Kunden, wenn sie mich was fragen und schnell eine anständige Antwort kriegen ;-)